In Deutschland existieren zahlreiche Gesetze zum Schutz der Arbeitnehmer. In der Regel hat der Gesetzgeber eine gestaffelte Wirksamkeit vorgesehen. Dies bedeutet, dass bestimmte Teile der Gesetze ab einer spezifischen Arbeitnehmerzahl greifen. Man bezeichnet das auch als Schwellenwert. Grundsätzlich betreffen diese Werte die Bildung und die Rechte von Betriebsräten, unterschiedliche Kündigungsschutzregelungen sowie die soziale Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Angestellten. Vereinfacht gesagt gilt: Je mehr Mitarbeiter Sie beschäftigen, desto umfangreicher sind deren Rechte.

Schwellenwerte © Fotolia/fizkes

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Schwellenwerte: „Mindestens“ vs. „mehr als“

Die Schwellenwerte bei den Arbeitnehmerzahlen sind nach zwei Organisationsprinzipien zu unterscheiden: „Mindestens“ und „mehr als“. Die Wahl des Betriebsrats präzisiert die Unterscheidung, die beim ersten Lesen nur schwer zu erkennen ist. Es muss „mindestens“ fünf Mitarbeiter geben, damit ein Betriebsrat gebildet werden kann. Allerdings müssen „mehr als“ 15 Mitarbeiter beschäftigt sein, damit der gewählte Betriebsrat eine Arbeitszeitreduzierung beantragen kann (§ 8 TzBfG). Das „mehr als“-Prinzip dient dazu, bestimmte Rechte und Auflagen losgelöst von den „Mindestens“-Regelungen vergeben zu können.

Wer ist als Mitarbeiter zu zählen?

Die Frage, wer eigentlich als Mitarbeiter zu zählen ist, lässt sich nicht problemlos beantworten. Vollkommen unstrittig ist, dass alle unbefristeten Mitarbeiter in Vollzeit und Teilzeit zu zählen sind. Teilzeitmitarbeiter zählen voll. Wenn zwei Personen jeweils eine halbe Stelle haben und somit zusammen eine Vollzeitstelle ausfüllen, dürfen Sie dennoch nicht bloß einen Mitarbeiter zählen, sondern müssen zwei zählen. Ebenfalls unumstritten ist, dass alle Personen, die bei Ihnen im Rahmen einer Ausbildung arbeiten, nicht zu berücksichtigen sind, d. h. Azubis, Gesellen, Praktikanten oder auch Volontäre.

Kritischer wird es bei Leiharbeitern. Das Bundesarbeitsgericht hat 2013 festgelegt, dass Leiharbeiter, die einem Unternehmen mehr als sechs Monate überlassen werden, mitzuzählen sind. Ist dieser Zeitraum gegeben, zählen sie als vollwertige Mitarbeiter und sind mit der Stammbelegschaft gleichzusetzen. Einziger Unterschied ist, dass Leiharbeiter nur eingeschränkt zur Wahl als Betriebsrat zugelassen sind (§ 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG).

Mitarbeiter mit befristeten Verträgen zählen dann zur Belegschaft, wenn es ihre Stelle „in der Regel“ gibt. Die Aushilfskraft auf dem Weihnachtsmarkt wird beispielsweise nicht berücksichtigt. Der Steuerfachangestellte, der mehr als ein Jahr arbeitet, schon. Sie als Arbeitgeber können sich folgende Faustregel merken: Sämtliche Positionen, die mit befristet beschäftigten Mitarbeitern besetzt sind, die ständig vergeben sein sollen, sind zu berücksichtigen.

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Filialen dürfen nicht einzeln gezählt werden. Sie müssen die Arbeitnehmerzahl in all Ihren Niederlassungen addieren, um die für Sie geltenden Schwellenwerte zu ermitteln. Eine Ausnahme kann es bei Auslandsniederlassungen geben. Das Landgericht Frankfurt war in der Vergangenheit der Meinung, dass diese Angestellten ebenfalls dazuzurechnen sind – das Landgericht Berlin sah es mit Blick auf das Territorialprinzip anders. Hier muss noch eine höchstrichterliche Klärung erfolgen.

Die Schwellenwerte für die Betriebsratswahl

Wie oben angeklungen, liegt der erste Schwellenwert für die Wahl zum Betriebsrat bei fünf Mitarbeitern. Bis zu 20 Mitarbeitern muss nur ein Betriebsrat bestehend aus einer Person gewählt werden. Von 21 bis zu 50 Mitarbeitern sind drei Betriebsratsmitglieder zu wählen. Von 51 bis zu 100 Mitarbeitern sind fünf Betriebsratsmitglieder wählbar. Sie können sich folgenden Schlüssel merken: Auf 20 Angestellte muss mindestens ein Betriebsratsmitglied kommen. Haben Sie 41 Mitarbeiter, müssen deshalb drei gewählt werden, weil für zwei Betriebsratsmitglieder maximal 40 Mitarbeiter (2 x 20) bei Ihnen beschäftigt sein dürfen.

Komplett freistellen müssen Sie ein Mitglied des Betriebsrats erst ab 200 Mitarbeitern. Ein zweites Mitglied ist ab 501 Angestellten freizustellen. Der Schwellenwert für drei Betriebsratsmitglieder liegt bei 901 Mitarbeitern. Für vier freigestellte Betriebsratsmitglieder müssen Sie mindestens 1501 Mitarbeiter beschäftigen. Das fünfte Betriebsratsmitglied muss ab 2001 Mitarbeitern freigestellt werden. Weiter geht es in 1000-Mitarbeiter-Schritten.

Wenn Ihr Betrieb mehr als 500 Mitarbeiter hat, müssen Betriebsratsmitglieder außerdem in den Aufsichtsrat gewählt werden und dort mindestens ein Drittel der Plätze einnehmen. Bei mindestens 2000 Mitarbeiten muss das Kontrollgremium zu 50 Prozent mit Arbeitnehmervertretern besetzt werden.

Schwellenwerte im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)

Auch für die Zahl der Mitarbeiter und die Qualifikation zum Kündigungsschutz existieren bestimmte Schwellenwerte. Falls Sie noch Mitarbeiter beschäftigen, die vor dem 31. Dezember 2003 bei Ihnen angefangen haben, gilt: Für diese Angestellten greift der gesetzliche Kündigungsschutz bei mindestens fünf Mitarbeitern. Die anderen Arbeitnehmer müssen allerdings ebenfalls mindestens seit Ende 2003 beschäftigt sein. Scheiden solche Angestellten aus, wodurch die Zahl auf unter fünf sinkt, greift auch für die verbliebenen Alt-Angestellten der neue Kündigungsschutz, der seit 2004 gilt.

Der erste Schwellenwert liegt bei dem neuen Kündigungsschutzgesetz bei mindestens zehn Mitarbeitern. Für die Schwellenwerte sind hier, anders als bei der Betriebsratswahl, die Zahl der Arbeitsstunden sehr wohl zu berücksichtigen. Als vollwertiger Mitarbeiter zählt nur, wer 40 Stunden pro Woche arbeitet. Arbeitnehmer, die 20 Stunden pro Woche tätig sind, werden nur zur Hälfte gezählt. Arbeitnehmer, die 10 Stunden arbeiten, sind noch zu 0,25 zu berücksichtigen. Dies ist die kleinste Einheit.

Einige weitere Schwellenwerte sind zu berücksichtigen: Arbeitnehmer müssen mindestens sechs Monate für Sie tätig sein, damit das KSchG greift. Diese Wartezeit ist nicht mit der Probezeit zu verwechseln: Sie können die Probezeit kürzer oder länger gestalten. Der Kündigungsschutz bleibt davon unberührt. Besonders bei längeren Probezeiten sollten Sie deshalb die technische Umsetzung im Auge behalten.

Wenn Sie mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen, müssen Sie anzeigen, wenn Sie mehr als fünf Mitarbeiter innerhalb eines Monats entlassen. Wenn Sie mindestens 60 Mitarbeiter beschäftigen, müssen Sie anzeigen, wenn Sie innerhalb von 30 Kalendertagen zehn Prozent der Belegschaft oder mehr als 25 Mitarbeiter entlassen.

Schwellenwerte für die Länge des Kündigungsschutzes

Mitarbeiter, die von sechs Monaten bis zu zwei Jahren für Sie gearbeitet haben, verfügen über 30 Tage Kündigungsschutz. Ab fünf Jahren kommt ein weiterer Monat dazu, ab acht Jahren ein dritter Monat, ab zehn Jahren ein vierter Monat, ab zwölf Jahren ein fünfter Monat, ab 15 Jahren ein sechster Monat und ab 20 Jahren ein siebter Monat.

Schwellenwerte im Bereich der sozialen Fürsorgepflicht

„Soziale Fürsorgepflicht“ umschreibt alle Pflichten, die ein Arbeitgeber im Rahmen der Sozialgesetze für seine Arbeitnehmer zu leisten hat. Vor allem in kleinen Betrieben sind einige Schwellenwerte von Bedeutung. Ab mehr als 10 Mitarbeitern soll es einen Pausenraum geben. Ab mehr als 15 Mitarbeitern haben Arbeitnehmer Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit. Ab mindestens 20 Mitarbeitern muss wenigstens ein Schwerbehinderter beschäftigt werden oder eine Ausgleichsabgabe gezahlt werden. Ab 20 Mitarbeitern erhöht sich die Zahl um einen entsprechenden Angestellten.

Beschäftigen Sie mehr als 20 Mitarbeiter, müssen Sie einen Sicherheitsbeauftragten beschäftigen. Die konkreten Vorgaben stammen von den jeweiligen Berufsgenossenschaften. Zudem greift ab jetzt auch die Sozialplanpflicht. Überdies muss bei betrieblichen Veränderungen ein Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durchgeführt werden. Betroffen sind alle nicht vom Sozialplan erfassten Änderungen. Bei mehr als 25 Mitarbeitern haben Ihre Arbeitnehmer Anspruch auf Familienpflegezeit.