Jeder Arbeitgeber hat das Bedürfnis, die Arbeitszeiten seiner Angestellten zu erfassen. Doch über die praktische Umsetzung herrscht häufig Verwirrung. Machen Sie nur eine kurze Umfrage im Bekanntenkreis und Sie werden feststellen, dass stark unterschiedliche Vorstellungen über die gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeiterfassung existieren. Dies liegt vor allem an den zahlreichen rechtlichen Grauzonen.

Arbeitszeiterfassung © Unsplash.com/Sonja Langford

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Die gesetzlichen Grundlagen zur Arbeitszeiterfassung

Geregelt wird die Arbeitszeiterfassung im 1994 verabschiedeten Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Grundsätzlich gilt dies für alle in Deutschland beschäftigten Personen. Ausnahmeregelungen, beispielsweise für Minderjährige oder Schiffsbesatzungen, werden ab §18 ArbZG aufgelistet. Für diese Ausnahmen gibt es Spezialgesetze wie z. B. das Jugendarbeitsschutzgesetz.

Von Relevanz für die Arbeitszeiterfassung ist außerdem das Bundesdatenschutzgesetz (BDG). Dieses schreibt vor, wie mit der Dokumentation der aufgezeichneten Arbeitszeit umgegangen werden soll.

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Die diesbezüglichen Regelungen sind sehr einfach:

  • Dem Arbeitnehmer muss bekannt sein, wo sich die Dokumentation befindet und wer für sie zuständig ist.
  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben zu jeder Zeit Zugriff auf die Dokumentation. Ihre Verfügbarkeit muss deshalb gewährleistet sein.
  • Zugang zur Dokumentation haben ausschließlich der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber sowie das autorisierte Personal. Behörden wie dem Zoll muss auf Verlangen Zugang gewährt werden.
  • Die Dokumentation der Arbeitszeit darf ohne Wissen und Einverständnis des Arbeitnehmers nicht weitergegeben werden. Einzige Ausnahme ist die Weitergabe an die Behörden.

Ob die Arbeitszeit schriftlich, digital oder beispielsweise mechanisch über eine Stechkarte dokumentiert wird, ist laut BDG sowie ArbZG dem Unternehmen überlassen. Die Gesetze schreiben zudem keine feste Form vor, in der die Arbeitszeit zu erfassen ist.

Welche Arbeitszeit muss erfasst werden?

Die maximale gesetzliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden pro Werktag (§3 ArbZG). Da der Samstag laut Gesetz als Werktag zu betrachten ist, darf ein Arbeitnehmer pro Woche bis zu 48 Stunden arbeiten. In Ausnahmefällen kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden ausgedehnt werden (§14 sowie §15 ArbZG). Innerhalb von sechs Monaten ist allerdings Ersatz für diese Mehrarbeit zu gewähren. Dem Arbeitnehmer steht außerdem nach Ende der Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhephase von mindestens 11 Stunden zu (§4 ArbZG).

Gesetzlich vorgeschrieben ist dabei nur eine Dokumentation der Mehrarbeit (§16 ArbZG). Wörtlich heißt es, dass der Arbeitgeber nur die „über die werktäglich […] hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen“ hat. Theoretisch muss der Arbeitgeber deshalb überhaupt keine Arbeitszeiterfassung einrichten, wenn er nicht möchte. Praktisch handelt es sich allerdings um eine rechtliche Grauzone: Wie sollen aufzeichnungspflichtige Überstunden ermittelt werden, wenn keine Dokumentation über die bereits gearbeiteten Stunden vorliegt? Juristisch geht die Anschauung deshalb dahin, eine generelle Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit aus §16 ArbZG abzuleiten. Allerdings ist es ausgerechnet der Staat, der diesen Trend häufig noch unterläuft: Arbeitszeiten von wissenschaftlichen Mitarbeitern an Universitäten werden oft gar nicht erfasst und auch die Arbeitszeiten von Lehrern werden unzureichend aufgezeichnet und beruhen eher auf Kalkulationswerten.

Ein wichtiger Hinweis: Durch die Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 ist es in Deutschland Pflicht geworden, Beginn und Ende des Arbeitstages sowie die Dauer der täglichen Arbeitszeit schriftlich festzuhalten. Allerdings genügt es, wenn dies im Arbeitsvertrag fixiert wird.

Zählen Ruhepausen zur gesetzlichen Arbeitszeit?

Die Ruhepausen sind in §4 ArbZG geregelt. Nach sechs Stunden Arbeitszeit ist demnach mindestens eine Pause von 30 Minuten einzuräumen. Nach 9 Stunden müssen mindestens 45 Minuten zugestanden werden. Ob diese Pausen allerdings zur Arbeitszeit gehören, ist eine rechtliche Grauzone. Derzeit geht die allgemeine rechtliche Verkehrsanschauung allerdings dahin, dass die Pausen nicht zur Arbeitszeit gerechnet werden.

Das Problem ist die unklare Definition des Gesetzes, was Arbeitszeit eigentlich genau ist. Arbeitszeit ist laut §2 (1) die Zeit „vom Beginn bis zum Ende der Arbeit.“ Die Pausen werden nicht erwähnt. Sie dürfen deshalb laut heutiger Ansicht nicht eingerechnet werden. Allerdings gibt es Minderheitsstimmen unter den Juristen, die sich für eine Einrechnung stark machen, da die Pausen schließlich zwischen Beginn und Ende der Arbeitszeit gemacht werden. Einige Arbeitgeber rechnen deshalb lieber 30 Minuten Pause in die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit ein.

Keinesfalls eingerechnet werden müssen aber Pausen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Raucherpausen kann der Arbeitgeber beispielsweise auf die tägliche Arbeitszeit aufschlagen oder mit der gesetzlichen Mindestpause verrechnen.

Der Arbeitsweg zählt nicht zur Arbeitszeit

Die oben erwähnte Definition der Arbeitszeit legt klar fest, dass der Weg zur Arbeit und die Heimfahrt nicht in die Arbeitszeit eingerechnet werden dürfen und deshalb auch nicht zu erfassen sind. Auf dem Weg zur Arbeit hat diese noch nicht begonnen, auf dem Heimweg ist der Arbeitstag bereits beendet. Einzige Ausnahme sind beruflich angewiesene Fahrten. Schicken Sie beispielsweise einen Mitarbeiter auf eine Messe in eine andere Stadt, ist dieser Fahrweg als Arbeitszeit anzuerkennen.

Arbeitszeiterfassung an Sonn- und Feiertagen: Eine juristische Grauzone

Das ArbZG hat den Zweck, Sonn- und Feiertage als Zeiten der Ruhe und „der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer“ zu schützen (§1(2) ArbZG). Zu Deutsch: Abgesehen von einigen Branchen darf an Sonn- und Feiertagen nicht gearbeitet werden. Wer doch arbeiten lässt, muss einen Ausgleich gewähren.

Da es sich bei Sonn- und Feiertagen aber um keine Überstunden im klassischen Sinne handelt, verlangt das Gesetz nicht ausdrücklich eine Arbeitszeiterfassung. Ob und wie sie erfasst werden muss, ist wieder eine rechtliche Grauzone. Ähnlich verhält es sich mit der Dokumentation des zu gewährenden Ausgleichs. Wird sonst eine ausdrückliche Auszeichnung für den Ausgleich von Überstunden verlangt, fehlen im Gesetz hierzu schlicht die Angaben. Die meisten Experten raten allerdings dazu, Sonn- und Feiertage „analog“ zu normalen Überstunden zu sehen. Sie sollten die Arbeitszeiten an diesen Tagen erfassen und auch den Ausgleich dokumentieren.

Neue Art der Arbeitszeiterfassung: Zustimmung durch den Betriebs- oder Personalrat

Möchten Sie die Art der Arbeitszeiterfassung in Ihrem Betrieb ändern, müssen Sie dafür die Zustimmung des Betriebsrats bzw. des Personalrats einholen. Eigenmächtig dürfen Sie keine Änderung vornehmen. Diese Regelung ist allerdings beidseitig: Ohne Zustimmung der Arbeitgeber kann die Art der Zeiterfassung ebenfalls nicht geändert werden.

Wichtige Hinweise zum Schluss

Einige Punkte sollten Sie unbedingt noch bezüglich der Arbeitszeiterfassung beachten:

  • Als Arbeitgeber sind Sie für die korrekte Zeiterfassung verantwortlich.
  • Sie müssen die Arbeitszeit spätestens 7 Tage, nachdem sie geleistet wurde, erfassen.
  • Tarifverträge zur Arbeitszeit brechen die gesetzlichen Regelungen, abgesehen von der Maximalarbeitszeit.
  • Unternehmens-Einigungen zwischen Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber können die gesetzlichen Regelungen ebenfalls brechen. Aber auch hier gilt: Absprachen berühren nicht die gesetzliche Maximalarbeitszeit.