Deutschland ist das europäische Land, in dem die meisten Überstunden geleistet werden. Muss Dringendes erledigt werden, arbeiten manche in der Mittagspause durch, während andere länger im Büro bleiben. Ganz schnell kommen so Überstunden zusammen, die über die geschuldete und arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich festgelegte Arbeitszeit hinausgehen. Darüber, ob Mehrarbeit geleistet werden muss und ob sie vergütet wird und wie, ranken zahlreiche Mythen. Die häufigsten Irrtümer haben wir für Sie zusammengefasst.
Irrtum Nr. 1: Arbeitgeber dürfen grundsätzlich Überstunden anordnen
Im Allgemeinen ist der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts beziehungsweise Direktionsrechts nicht dazu berechtigt, vom Arbeitnehmer Mehrarbeit einzufordern. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings ein paar Ausnahmen, nämlich diese:
- Seltene Notsituationen, wie beispielsweise ein Brand im Unternehmen oder eine Überschwemmung, also Ereignisse, die für den Arbeitgeber nicht vorhersehbar und existenzbedrohend sind. Eine Notfallsituation für das Unternehmen liegt auch dann vor, wenn mehrere Mitarbeiter gleichzeitig krank sind. In diesen echten Notsituationen kann der Arbeitgeber auf der Grundlage seines Weisungsrechts Überstunden anordnen. Anderes gilt, wenn dem Unternehmen ein Großauftrag erteilt wird. Dann dürfen Überstunden nicht angeordnet werden, sondern sind allenfalls auf freiwilliger Basis möglich.
- Manche Arbeitsverträge enthalten eine Klausel, die es dem Arbeitgeber erlaubt, Mehrarbeit nach seinem Ermessen anzuordnen. Diese Überstundenklausel ist nur wirksam, wenn die maximale Anzahl der Stunden festgelegt ist. Denn ein Arbeitnehmer muss wissen, was auf ihn zukommt.
- Auch in einer zusammen mit dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) geschlossenen Betriebsvereinbarung können Überstundenregelungen festgeschrieben werden. Die Zustimmung des Betriebsrats ist dabei zwingend erforderlich.
- Manche Tarifverträge enthalten ebenfalls Überstundenregelungen, aus denen hervorgeht, unter welchen Bedingungen und wie viele über das normale Maß hinausgehende Arbeitsstunden vom Arbeitgeber angeordnet werden dürfen.
Irrtum Nr. 2: Überstunden müssen immer bezahlt werden
Die Auffassung, dass Mehrarbeit immer bezahlt werden muss, ist ein Irrtum. So kann zum Beispiel im Arbeitsvertrag vereinbart werden, dass Überstunden mit dem üblichen Arbeitsentgelt abgegolten sind. Das ist vor allem dann zulässig, wenn die Anzahl der zu viel geleisteten Arbeitsstunden bestimmt und nicht unverhältnismäßig ist. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) – 5 AZR 765/10 – kann bei einem Gehalt ab 5.800 Euro (West) und 4.900 Euro (Ost) eine Überstundenbezahlung entfallen. Das gilt auch für leitende oder höhere Angestellte, die über der Beitragsbemessungsgrenze von jährlich 76.200 Euro (West) und 68.400 Euro (Ost) liegen. Grund ist, dass diese Gehaltsgruppen nicht allein nach den geleisteten Arbeitsstunden, sondern meistens nach der Erfüllung ihrer Aufgaben bezahlt werden.
Strukturierte Übersicht über die häufigsten
Irrtümer bei Überstunden
Fünf Irrtümer, über die Sie aufgeklärt sein sollten!
Grundsätzlich gibt es keinen allgemeingültigen Rechtsgrundsatz, nach dem Mehrarbeit entlohnt wird. Entscheidend sind dabei nicht nur die Höhe des monatlichen Gehalts und der Inhalt des Arbeitsvertrags, sondern auch tarifvertragliche Bestimmungen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber dann verpflichtet ist, die Überstunden zu bezahlen, wenn in anderen vertraglichen Regelungen keine anderslautenden Bestimmungen enthalten sind.
Überstundenabbau durch Freizeitausgleich ist nur möglich, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag getroffen wird. Bei Unternehmen mit elektronischer Zeiterfassung ist Freizeitausgleich für zu viel geleistete Arbeitsstunden üblich, wobei diese der Höhe nach begrenzt sind. Nach einem Urteil des BAG vom 19. Mai 2009 – Az.: 9 AZR 433/08 – kann der Arbeitgeber den Zeitpunkt für den Freizeitausgleich bestimmen, wobei er die Belange des Arbeitnehmers berücksichtigen muss. Fehlen Regelungen über den Freizeitausgleich, ist es sinnvoll, den Arbeitgeber direkt darauf anzusprechen.
Irrtum Nr. 3: Überstunden verfallen am Jahresende
Weit verbreitet ist die Befürchtung, dass geleistete Mehrarbeit am Ende eines Jahres oder zu einem anderen Zeitpunkt ersatzlos verfällt. Grundsätzlich müssen vom Arbeitnehmer geleistete Überstunden entweder durch einen Freizeitausgleich oder durch die Bezahlung der geleisteten Mehrarbeit ausgeglichen werden. Nicht im Gesetz geregelt ist, bis wann dieser Ausgleich stattfinden muss. Möglich sind zwei unterschiedliche Konstellationen:
- Es kann Klauseln in Betriebsvereinbarungen, in Tarifverträgen oder im Individualarbeitsvertrag geben, die Verfallsfristen enthalten und auch auf Überstunden anwendbar sind. Nach diesen sogenannten Verfallklauseln verfallen zu viel geleistete Arbeitsstunden, wenn sie nicht innerhalb der genannten Frist in der vorgeschriebenen Form geltend gemacht oder eingeklagt werden. Diese Frist muss allerdings mindestens drei Monate betragen.
- Gibt es keine Verfallklauseln oder beträgt die Frist weniger als drei Monate, gilt die gesetzliche Verjährungsfrist nach § 195 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), nach der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Jahren verjähren. Die Dreijahresfrist beginnt erst am Ende des Jahres, in dem die Mehrarbeit aufgelaufen ist.
Es ist nicht sinnvoll, diesen zeitlichen Rahmen voll auszuschöpfen. Besser ist es, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer klare und unmissverständliche Vereinbarungen bezüglich der zu viel geleisteten Arbeitsstunden getroffen werden.
Irrtum Nr. 4: Arbeitnehmer können sich nicht gegen Überstunden wehren
Wer freiwillig mehr arbeitet, kann dafür den Arbeitgeber nicht zur Rechenschaft ziehen. Anderes gilt, wenn die Mehrarbeit vom Arbeitgeber angeordnet wurde und dadurch die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) überschritten werden. Die tägliche Arbeitszeit darf nach § 3 ArbZG nicht mehr als acht Stunden betragen, wobei Ruhepausen nicht mitgerechnet werden. Sie darf auf maximal zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb der folgenden sechs Monate ein Zeitausgleich geschaffen wird. Vergessen wird häufig, dass auch der Samstag ein Werktag ist. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber auch Samstagarbeit verlangen kann, sofern sie nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen ist. Gewährt der Arbeitgeber für die Samstagarbeit einen Zeitausgleich, liegt die Arbeitszeit lediglich an einem anderen Tag. Nur wenn kein Zeitausgleich stattfindet, handelt es sich um Überstunden. Bewegen sich diese im Rahmen des ArbZG, kann der Arbeitnehmer die Mehrstunden aus persönlichen Gründen ablehnen, wenn es sich zum Beispiel um eine alleinerziehende Mutter mit Kindern handelt oder gesundheitliche Gründe vorliegen.
Teilzeitbeschäftigte kann der Arbeitgeber nicht zu Mehrarbeit verpflichten, da dies dem Wesen der Teilzeitarbeit widersprechen würde. Anderes gilt nur, wenn in Tarifverträgen von diesem Grundsatz abweichende Regelungen getroffen werden oder Ausnahmesituationen vorliegen. Bei Jugendlichen sind über das normale Maß hinausgehende Arbeitsstunden ebenso verboten wie bei werdenden oder stillenden Müttern, während Schwerbehinderte die Freistellung von jeglicher Mehrarbeit verlangen können.
Irrtum Nr. 5: Der Arbeitgeber muss die Überstunden dokumentieren
Wer sich als Arbeitnehmer darauf verlässt, dass der Arbeitgeber die zu viel geleisteten Arbeitsstunden dokumentiert, kann am Ende aus Mangel an Beweisen leer ausgehen. Das gilt insbesondere für Situationen, in denen Arbeitnehmer fortwährend länger arbeiten müssen, weil die Arbeit nicht hinreichend organisiert und richtig verteilt wurde weil zu wenig Personal vorhanden ist oder weil es keine elektronische Zeiterfassung im Unternehmen gibt. Dann ist es sinnvoll, dass Arbeitnehmer die zu viel geleisteten Arbeitsstunden eigenverantwortlich dokumentieren, um entsprechende Nachweise erbringen zu können. Die Dokumentation ist umso wichtiger, wenn sich der Arbeitgeber stur stellt und es gegebenenfalls notwendig wird, die Anerkennung der Überstunden gerichtlich durchzusetzen. Nach einem Urteil des BAG vom 17. April 2002 – Az.: 5 AZR 644/00 – hat ein Arbeitnehmer nur dann Aussicht auf Bezahlung von Mehrarbeit, wenn er die geleisteten Stunden nachweisen kann und wenn der Arbeitgeber davon weiß oder sie duldet.
Gut gemacht, da leicht verständlich formuliert.
Ich wurde aufgefordert morgens zur ssc Prüfung zu fahren und nach Mittag zu einem neuen Kunden zu fahren der sehen möchte ob ich optisch für sein Unternehmen geeignet bin. Entlohnt sohl ich dafür nicht werden, denn die SSC Prüfung sei ja schlieslich eine win-win sytuation und für Vorstellungsgespräche beim Kunden die angeordnet werden haben wir schliesslich noch nie etwas bezahlt also 1Tag Freizeitausgleich . Ist das Korrekt oder ??