Was versteht man unter Arbeitnehmerüberlassung?
Bei der Arbeitnehmerüberlassung handelt es sich um die temporär begrenzte Überlassung eines Arbeitnehmers durch ein sogenanntes Arbeitnehmerüberlassungs-Unternehmen an einen Dritten. Diese Form des Beschäftigungsverhältnisses ist auch als Leiharbeit oder Zeitarbeit bekannt. Doch wie genau funktioniert die Arbeitnehmerüberlassung?
Die Überlassung von Arbeitnehmern wird durch zwei Vertragsbeziehungen geregelt. Einerseits besteht ein Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Arbeitnehmer. Dieser enthält unter anderem die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber an andere Unternehmen „verliehen“ werden darf. Das zweite Vertragsverhältnis schließen der Verleiher und der Entleiher ab. Dieses regelt beispielsweise den durch den Entleiher zu entrichtenden Stundensatz und den Zeitraum, für den der Leiharbeiter dem Unternehmen seine Arbeitsleistung zur Verfügung stellt.
Unabhängig davon, wie lange ein Arbeitnehmer entliehen wird, bleibt das Arbeitnehmerüberlassungs-Unternehmen immer der Arbeitgeber. Die Details zu den gesetzlichen Grundlagen sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt.
Wann ist die Arbeitnehmerüberlassung sinnvoll?
Die Arbeitnehmerüberlassung ist immer dann sinnvoll, wenn für eine absehbar begrenzte Zeit zusätzliche Mitarbeiter erforderlich sind. Dabei kann es sich um die Abdeckung von Arbeitsspitzen in der Produktion oder der Instandhaltung handeln, um die Vertretung eines in Elternurlaub befindlichen Mitarbeiters oder um das Aufstocken von Personal im Rahmen eines Projektes. Alles Gründe, die den Einsatz zeitlich befristeter Arbeitskräfte als sinnvoll erscheinen lassen. Zeitarbeitnehmer als Dauerlösung zu integrieren, scheint weniger sinnvoll. Dies liegt vor allem an der geringeren Entlohnung für die gleiche Arbeit, wie sie von den im Unternehmen angestellten Mitarbeitern geleistet wird. Dies zieht häufig eine Perspektivlosigkeit verbunden mit sinkender Motivation und den daraus resultierenden Folgen nach sich. Allerdings beinhaltet die Arbeitnehmerüberlassung, richtig eingesetzt, für den Arbeitnehmer wie für das entleihende Unternehmen durchaus zahlreiche Chancen.
Änderungen bei der Arbeitnehmerüberlassung 2017
Unsere Checkliste mit allen wichtigen Neuregelungen.
Welche Vorteile hat die Arbeitnehmerüberlassung für Arbeitgeber?
Nicht nur für das entleihende Unternehmen, auch für den Arbeitnehmer, hat die Überlassung von Arbeitnehmern verschiedenste Vorteile. Aus Unternehmenssicht betrachtet liegen die Vorteile in der hohen personellen Flexibilität durch die Arbeitnehmerüberlassung. Einer der größten Vorteile ist das unkomplizierte Abdecken von Arbeitsspitzen, während derer durch die Arbeitnehmerüberlassung zeitnah ausreichend Personal verfügbar ist. Zusätzlich zu dieser Planbarkeit sind die für Leiharbeitnehmer Kosten bereits im Vorfeld gut kalkulierbar, da eine Belastung durch Krankheit oder Urlaub entfällt.
Aus Kostensicht betrachtet profitiert das Entleihunternehmen zusätzlich vom äußerst geringen bürokratischen Aufwand. Denn sucht das Unternehmen beispielsweise einen Spezialisten für die Instandhaltung, übernimmt der Verleiher bereits die Vorauswahl, Aufwändige Auswahlverfahren entfallen. Dies trifft auch auf offene Positionen zu, die im ersten Schritt auf diese Weise besetzt werden, um sich kennenzulernen.
Welche arbeitsrechtlichen Gesetze sind relevant?
Im Rahmen der Überlassung von Arbeitnehmern gelten alle arbeitsrechtlichen Gesetze mit Ausnahme der im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gesondert geregelten gesetzlichen Vorgaben. Dazu zählen beispielsweise folgende Passagen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.
- § 3a Lohnuntergrenzen
- § 10 Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit (Arbeitnehmer wird bei Unwirksamkeit des mit dem Verleiher abgeschlossenen Vertrags automatisch Arbeitnehmer des Entleihers)
- § 13 Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers
- § 13b Zugang des Leiharbeitnehmers zu Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten
- § 14 Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrecht von Arbeitnehmern
Der Paragraf § 9 Abs. 3 AÜG ist ein wichtiger Paragraf für Unternehmen und Arbeitnehmer, die nach Ablauf des Arbeits- oder Entleih-Vertrags mit der Arbeitnehmerüberlassung eine zukünftige direkte Zusammenarbeit anstreben. Läuft der Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerüberlassung (Verleiher) aus, ist ein unmittelbar darauf folgender Wechsel in das ehemalige Entleih-Unternehmen gesetzlich erlaubt. Auch dann, wenn ein häufig vorhandener Passus im Arbeitsvertrag dies ausschließt. Dieses Verbot wird durch § 9 Abs. 1 Nr. 4 AÜG unwirksam. Dies gilt ebenfalls für das ehemalige Entleih-Unternehmen (laut § 9 Abs. 3 AÜG), wenn sich im abgelaufenen Entleih-Vertrag ein entsprechender Passus befindet. Auch dieser ist ungültig, da laut AÜG derartige Einschränkungen nicht erlaubt sind.
Dies ist nur ein kleiner Auszug aus dem umfangreichen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, das mit Wirkung zum 1. April 2017 mit verschiedenen Neuregelungen ergänzt wurde.
Welche Neuregelungen zur Überlassung von Arbeitnehmern gelten seit 1.04.2017?
Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassungs-Reform traten mit Stichtag 1. April 2017 zahlreiche Änderungen ohne Übergangsfrist in Kraft.
Ein wichtiger Punkt ist die formale Gestaltung des zwischen dem Entleiher und der Arbeitnehmerüberlassung oder mit dem Leiharbeiter geschlossenen Vertrags.
- Die Überlassung der Leiharbeitnehmer muss ausdrücklich mit Arbeitnehmerunterlassung bezeichnet werden.
- Die Person des Leiharbeitnehmers ist vor der Überlassung zu konkretisieren.
- Der Leiharbeitnehmer muss vor der Überlassung ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass er im Unternehmen als Leiharbeiter tätig ist.
Wird nur einer dieser Punkte nicht korrekt erfüllt, gilt der Vertrag als unwirksam. Die Folge ist ein automatisch entstehendes Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und entleihendem Unternehmen.
Weitere Änderungen betreffend die Arbeitnehmerüberlassung sind nachfolgende Punkte.
- Die grundsätzlich maximale Überlassungsdauer beläuft sich auf 18 Monate. Eine Ausnahme davon bilden nur tarifvertragliche Regelungen der Einsatzbranche.
- Gilt nicht für tarifgebundene Unternehmen: Enthält ein Tarifvertrag eine Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen, ist bei nicht tarifgebundenen Unternehmen bis zu einer maximalen Überlassungsdauer von 24 Monaten verlängern.
- Equal Pay: Nur in den ersten 9 Monaten der Arbeitnehmerüberlassung kann vom unternehmensintern üblichen Gehalt abgewichen werden. Nach 9 Monaten muss die Vergütung des Leiharbeiters zwingend dem Entgelt der Arbeitnehmer des Unternehmens angepasst werden.
- Leiharbeitnehmer dürfen nicht als Streikbrecher eingesetzt werden. Wird dagegen verstoßen, sind Geldbußen bis zu 500.000 Euro vorgesehen.
- Der Verleih von Arbeitnehmern eines Dritten (Kettenverleih) ist ab 1. April 2017 verboten und hat gravierende Rechtsfolgen wie Bußgelder bis zu 30.000 Euro.
- Die Erlaubnis des Arbeitnehmers zur Durchführung einer Arbeitnehmerüberlassung in einem Dienst- oder Werkvertrag bietet keinen geeigneten Schutz vor der Unwirksamkeitsklausel.
- Entsteht trotz Dienst- oder Werkvertrag ein der Arbeitnehmerüberlassung ähnliches Dienstverhältnis, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Folgen sind Bußgelder bis zu 30.000 Euro. Eine weitere Konsequenz ist das Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher.
Arbeitnehmerüberlassung versus Dienst- und Werkverträge
Besonders schwierig kann sich die Abgrenzung zwischen Werks- und Dienstvertrag und Verträgen zur Überlassung von Arbeitnehmern gestalten. Um Rechtsstreitigkeiten oder andere Konsequenzen zu vermeiden, sollte auf die Wortwahl besonders gut geachtet werden. So können Formulierungen wie „weisungsbefugt“ oder „Schulungen durch den Auftraggeber“ bereits ein Indiz für einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag darstellen.
Denn genau diese beiden Formulierungen wurden einem Museum beinahe zum Verhängnis. In diesem Fall wurden Leistungen an eine Agentur ausgelagert. Unter anderem wurde die Weisungsbefugnis des Museum gegenüber den Mitarbeiter der Agentur vertraglich festgelegt. Zusätzlich wurden die Agenturmitarbeiter laut Vertrag dazu verpflichtet, an museumsinternen Schulungen teilzunehmen. Auf Basis dieser Angaben klagte eine Agenturmitarbeiterin auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem Museum, da sie darin eine Arbeitnehmerüberlassung sah. Das Museum selbst bestand jedoch darauf, dass es mit der Agentur einen reinen Dienstleistungsvertrag abgeschlossen hatte.
Obwohl die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Museum abgewiesen wurde, erließ das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil unter der Aktenzahl 9 AZR 735/15 vom 20.9.2016 zusätzliche Kriterien zur Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassungs-Verträgen.
Anders stellt sich die Situation bei der Gebrauchsüberlassung von Sachmitteln wie beispielsweise einen Baukran einschließlich Kranführer dar. In diesem Fall handelt es sich um eine reine Dienstleistung, obwohl der Kranführer unter Umständen für einen Dritten arbeitet.
Die Folgen nicht erlaubter Arbeitnehmerüberlassung
Eine unerlaubte Überlassung von Arbeitnehmern besteht immer dann, wenn gegen die im AÜG festgelegten verankerten Regelungen verstoßen wird. Dabei wird zwischen verschiedenen Verstößen sowie strafrechtlichen, zivilrechtlichen und arbeitsrechtlichen Folgen unterschieden:
- Ordnungswidrigkeiten legaler Verleiher – Geldbuße bis 25.000 Euro für Ver- und Entleiher.
Dazu zählt beispielsweise der Verleih eines Arbeitnehmers in Betriebe des Baugewerbes oder eines illegalen ausländischen Arbeitsnehmers in ein Beschäftigungsverhältnis. - Straftaten illegaler Verleiher – Straftat gemäß § 10 bzw. § 11 SchwarzArbG.
Der Verleih ausländischer Leiharbeitnehmer ohne Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigung oder die Beschäftigung zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen stellen eine solche Straftat dar. - Ordnungswidrigkeiten von Entleihern – bis zu 500.000 Euro Geldbuße
Entleihen und beschäftigen von Leiharbeitnehmern ohne die erforderliche Arbeitsberechtigung ist ein Beispiel. Ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit ist die Beschäftigung von Leiharbeitern innerhalb der Baubranche. - Straftaten von Entleihern – Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren
Dazu zählt ebenfalls die Beschäftigung durch einen legalen Verleiher überlassenen ausländischen Leiharbeitnehmern, die keine entsprechende Arbeitsberechtigung oder eine Niederlassungserlaubnis nachweisen können. Strafverschärfend wirken schlechtere Arbeitsbedingungen für ausländische Leiharbeiter im Vergleich zu deutschen Leiharbeitern. Ein nachweisbarer grober Eigennutz oder eine gewerbsmäßige Täterschaft ziehen eine zusätzliche Strafverschärfung nach sich.
Die illegale Arbeitnehmerüberlassung zieht allerdings auch zivilrechtliche Folgen nach sich, da ein Vertrag zwischen Entleiher und Verleiher ohne Erlaubnis der Arbeitsagentur für Arbeit nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist.
- Entleiher hat keinen Anspruch auf die Überlassung des Arbeitnehmers.
- Verleiher verliert Anspruch auf das vereinbarte Entgelt.
- Der Verleiher haftet nicht für die Eignung seiner Leiharbeitnehmer.
- Weder der Verleiher noch der Entleiher können irgendwelche Rechte aus den Verträgen für sich herleiten.
Ist die Überlassung von Arbeitnehmern laut § 9 AÜG unwirksam, kommt es laut § 10 AÜG zum Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer.
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