Abmahnungen sind ein Mittel im Arbeitsrecht, um einen Arbeitnehmer zu bändigen oder eine Kündigung einzuleiten. Von Arbeitgebern und Personalverantwortlichen werden Abmahnungen allerdings eher selten eingesetzt. Gründe dafür sind Unkenntnis und Angst vor Ärger oder einem unverhältnismäßigen Aufwand. In diesem Artikel erfahren Sie alles darüber, wie Sie Abmahnungen richtig einsetzen, wer sie aussprechen darf und wie sie korrekt und beweiskräftig formuliert werden.

Die Voraussetzungen einer Abmahnung

Die Abmahnung ist im Gegensatz zu einer Kündigung die harmlosere arbeitsrechtliche Variante, dem Arbeitnehmer gegenüber Unmut zu äußern. Rechtlich normiert ist sie in § 314 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Dieser Paragraph regelt die verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung und ist auch auf die ordentliche Kündigung anwendbar. Eine Kündigung ist ein harter Schritt, der meistens nicht ohne Ankündigung durch eine Abmahnung erfolgen darf. Diese wird oft durch eine bloße Ermahnung ersetzt. Ob das eine oder das andere vorliegt ist nicht abhängig von der Bezeichnung, sondern davon, ob die insgesamt drei Voraussetzungen einer Abmahnung vorliegen:

  • Der Arbeitgeber muss das Verhalten, das er abmahnt, genau bezeichnen. Das bedeutet, dass er den Vertragsverstoß genau benennen muss unter Angabe des Datums und der genauen Uhrzeit. Ein allgemeiner Hinweis auf das Fehlverhalten, zum Beispiel „mangelhafte Arbeitsleistung“ oder „häufiges Zuspätkommen“ reichen nicht aus.
  • Der Arbeitgeber muss klar formulieren, dass das abgemahnte Verhalten ein Vertragsverstoß ist. Er muss den Arbeitnehmer außerdem auffordern, dieses Verhalten zukünftig zu unterlassen.
  • Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer gegenüber deutlich zum Ausdruck bringen, dass im Wiederholungsfall die Kündigung ausgesprochen wird.
Abmahnung © Fotolia/denisismagilov

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Eine Abmahnung erfüllt drei Funktionen

Anhand der genannten Voraussetzungen lässt sich erkennen, welche Funktionen Abmahnungen erfüllen: eine Hinweisfunktion, eine Warn- oder Androhungsfunktion und eine Dokumentationsfunktion.

  • In der Abmahnung wird der Arbeitnehmer auf ein ganz bestimmtes Verhalten hingewiesen. Dabei wird konkret benannt, dass dieses Verhalten nicht nur pflichtwidrig ist, sondern so nicht geduldet werden kann.
  • Abmahnungen drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen an. Sie warnen den Arbeitnehmer vor der Fortsetzung des gerügten Verhaltens mit der Konsequenz, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Insoweit gibt die Warn- und Androhungsfunktion dem Arbeitnehmer die Chance, die Weichen zu stellen – in Richtung Fortsetzung des Arbeitsvertrages oder in Richtung Kündigung.
  • In der Abmahnung wird der Pflichtverstoß bezeichnet und damit dokumentiert. Dies geschieht aus Beweisgründen und um Unklarheiten zu vermeiden am besten schriftlich, auch wenn die Abmahnungserklärung an keine Form gebunden ist. Die Abmahnung wird so ein Teil der Personalakte.

Beispielfälle für Abmahnungen

Abmahnungen können immer dann ausgesprochen werden, wenn ein Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder gegen sonstige Regeln und Gesetze verstößt.

​Was müssen Arbeitgeber bei der Abmahnung beachten?

​Die wichtigsten Punkte in der Übersicht.

  • Der Genuss von Alkohol während der Arbeitszeit ist im Allgemeinen nicht verboten. Allerdings hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, aufgrund seines Weisungsrechts ein Alkoholverbot festzulegen. Ergibt sich ein Alkoholverbot für bestimmte Berufsgruppen aus gesetzlichen oder behördlichen Bestimmungen, kann der Arbeitgeber eine Abmahnung erteilen, wenn ein Arbeitnehmer dagegen verstößt. Das gilt zum Beispiel für Piloten, für Busfahrer oder für LKW-Fahrer.
  • Ein Arbeitgeber kann auf der Grundlage der Gewerbeordnung den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter nach seinem Ermessen näher bestimmen. Seine Anordnungen dürfen nur nicht mit höherrangigem Recht kollidieren. Sie können sich auf die betriebliche Ordnung oder auf die Arbeit selbst beziehen, wobei ihre Nichtbeachtung eine Abmahnung nach sich ziehen kann. Einige Beispiele sind: das Nichteinhalten von zeitlichen Vorgaben, die Nichtbeachtung von Arbeitsvorgaben, Unhöflichkeit gegenüber Kunden, Verstöße gegen Arbeitszeit- oder Pausenregelungen, Beschädigung von Firmeneigentum durch mutmaßlichen unsachgemäßen Umgang, Arbeitsbummelei, Arbeitsfehler durch Nichtbeachten der Vorgaben und Annahme von Geschenken betriebsfremder Personen.
  • Auch verspätete Krankmeldungen können Abmahnungen bedingen. So ist der Arbeitnehmer verpflichtet, sich zeitnah beim Arbeitgeber krank zu melden. Wer seinen Arbeitgeber stundenlang im Unklaren über seinen Verbleib lässt, verletzt seine Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung. Es ist außerdem rechtlich zulässig, dass Arbeitgeber nicht erst nach drei Kalendertagen, sondern bereits am ersten oder zweiten Fehltag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Wer dagegen verstößt, kann ebenfalls abgemahnt werden.

Abmahnungen können alle Personen aussprechen, die in einem Unternehmen befugt sind, dem Arbeitnehmer zu kündigen. Abmahnungsbefugt sind darüber hinaus auch alle Personen, die dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt sind.

Wichtig:
1. Soweit das Arbeitsverhältnis nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) den allgemeinen Kündigungsschutzbestimmungen unterliegt, verschlechtert sich die kündigungsrechtliche Situation des Arbeitnehmers durch eine berechtigte Abmahnung. Denn sie gefährdet den Fortbestand des Arbeitsvertrags.
2. Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte muss einer verhaltensbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers, der besonderen Kündigungsschutz genießt, eine Abmahnung durch den Arbeitgeber vorausgehen. Besonderen Kündigungsschutz genießen unter anderem Betriebsratsmitglieder, Schwangere und schwerbehinderte Menschen.
3. Nach aktueller Rechtsprechung müssen Arbeitgeber in den meisten Fällen auch vor dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung dem Arbeitnehmer gegenüber eine Abmahnung erteilen.

Wann eine Abmahnung entbehrlich ist

Manchmal ist eine Abmahnung schlicht entbehrlich, wenn sie nämlich ihre Funktion nicht erfüllen kann. Und diese Funktion besteht darin, die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Arbeitnehmers anzumahnen, und zwar unter Androhung von Konsequenzen für den Wiederholungsfall. Doch manchmal muss es sofort eine Kündigung sein, ohne dass zuvor abgemahnt wird, nämlich in diesen Fällen:

  • Eine Verhaltensänderung des Arbeitnehmers ist auch in Zukunft nicht zu erwarten.
  • Es handelt sich um so schwerwiegende Vertragsverletzungen, dass der Arbeitnehmer wissen musste, dass sie zu einer Kündigung führen wird.
  • Durch das Fehlverhalten des Arbeitnehmers ist das Vertrauensverhältnis mit dem Arbeitgeber so erschüttert worden, dass es nicht wiederhergestellt werden kann.

Welchen Inhalt Abmahnungen haben müssen

Das entscheidende Merkmal einer Abmahnung ist, dass der Arbeitgeber die Leistungs- und Verhaltensmängel des Arbeitnehmers aufführt und konkret benennt. Aus ihr muss außerdem hervorgehen, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsvertrags beziehungsweise des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Insgesamt sind es vier Punkte, aus denen sich ein Abmahnungsschreiben zusammensetzt:

  • Das beanstandete Verhalten muss konkret benannt werden. Dazu gehören das Datum und die Uhrzeit ebenso wie die Beschreibung der Pflichtverletzung.
  • Der Arbeitgeber oder die weisungsbefugte Person müssen die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers rügen und erklären, dass damit die arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt wurden.
  • Der Arbeitnehmer muss eindringlich aufgefordert werden, sich in Zukunft vertragsgemäß und gesetzestreu zu verhalten.
  • Für den Wiederholungsfall werden eindeutige arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht, die schlimmstenfalls für den Arbeitnehmer in einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses enden.

Nach einer Abmahnung kann eine Kündigung nur dann ausgesprochen werden, wenn es zu einem wiederholten Fehlverhalten des Arbeitnehmers kommt. Die erste Verfehlung allein reicht für sich nicht mehr aus, um dem Arbeitnehmer zu kündigen, selbst wenn sie gravierend war. Abmahnungen können außerdem durch Zeitablauf entwertet werden. Kommt es erst nach zwei bis drei Jahren zu einem Wiederholungsfall, kann sich der Arbeitgeber nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16. September 2004 – 2 AZR 406/03 – nicht mehr auf die zurückliegende Abmahnung berufen und dem Arbeitnehmer kündigen.

Von der richtigen Anwendung und von den Formulierungen wird es abhängen, ob Ihre Abmahnungen die gewünschte Wirkung erzielen. Unsere Checkliste unterstützt Sie dabei!