Eine Abfindung ist eine außerordentliche Zahlung, die der Arbeitgeber einmalig an den Arbeitnehmer als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt, um die durch den Einkommensverlust bedingten finanziellen Einbußen abzufedern. Doch wann hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung und gibt es einen gesetzlichen oder rechtlichen Anspruch darauf? Antworten auf diese und andere Fragen sowie wichtige Informationen erhalten Sie hier.

Abfindung © Fotolia/contrastwerkstatt

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Der Regelfall: Kein Rechtsanspruch auf Zahlung einer Abfindung

Kündigt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, ist er allgemein nicht dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Abfindung zu zahlen, denn es gibt keinen gesetzlichen Anspruch darauf. In der Praxis ist die Vorgehensweise allerdings eine andere, denn Abfindungen dienen häufig dem Zweck, den Arbeitnehmer im Rahmen einer gütlichen Einigung zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses in beiderseitigem Einverständnis zu bewegen. Eine einvernehmliche Einigung ist sehr viel kostengünstiger als eine Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht. Außerdem endet eine vom Arbeitnehmer eingereichte Kündigungsschutzklage oftmals mit einer gütlichen Einigung und einer damit verbundenen Zahlung einer Abfindung, die dann vom Gericht festgelegt wird. Deshalb ist es seitens des Arbeitgebers in manchen Fällen sinnvoll, rechtzeitig mit dem Arbeitnehmer zu verhandeln und sich außergerichtlich zu einigen.

Die Ausnahme: Der rechtliche Anspruch auf Zahlung einer Abfindung

Arbeitnehmer haben also zunächst keinen zwingenden arbeitsrechtlichen Anspruch auf eine Abfindungszahlung, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber gekündigt wird. Doch es gibt verschiedene Anspruchsgrundlagen, aus denen sich dann doch ein Recht auf Abfindung herleiten lässt.

1. Eher selten ist eine entsprechende Vereinbarung im Einzelarbeitsvertrag, in der eine Abfindung im Falle einer Kündigung geregelt ist.

2. Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung kann sich auch aus betrieblicher Übung oder auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ergeben.

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3. In bestimmten Branchen sehen manche Tarifverträge Abfindungen vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung aus dem Unternehmen ausscheidet. Diese tarifvertraglichen Vereinbarungen werden oftmals als Rationalisierungsschutz-Tarifvertrag bezeichnet.

4. Es gibt sogar sogenannte Rationalisierungsschutz-Abkommen, die zwischen Arbeitgeber, auf der einen Seite und Gewerkschaften sowie Betriebsrat oder Personalrat auf der anderen Seite getroffen werden und die für bestimmte Arbeitnehmer Gültigkeit haben. Beispielhaft für Rationalisierungsschutz-Abkommen ist die Privatisierung staatlicher Betriebe, bei der oftmals Abfindungen vorgesehen sind.

5. Darüber hinaus gibt es unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach § 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz). Arbeitgeber können Arbeitnehmern bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Abfindungsangebot unterbreiten, das gesetzlich näher ausgestaltet ist. Ziel des Arbeitgebers ist zu vermeiden, dass der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt. Die Entscheidung des Arbeitnehmers führt dann sozusagen automatisch zu einem Abfindungsanspruch. Die Höhe der Abfindungszahlung beträgt dann ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Der Abfindungsanspruch nach § 1 KSchG ist an die Voraussetzung gebunden, dass der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht. Das Kündigungsschreiben muss den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er die dreiwöchige Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verstreichen lässt. Nur wenn der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt, besteht ein Abfindungsanspruch nach § 1 KSchG.

Allerdings ist diese Regelung für Arbeitgeber nur in bestimmten Fällen sinnvoll, nämlich dann, wenn sich die Kündigung des Arbeitnehmers vor Gericht nur schwer rechtfertigen lässt, weil es beispielsweise eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gibt. Sinnvoll ist sie auch dann, wenn der Arbeitnehmer erst seit einigen Jahren im Unternehmen beschäftigt ist und die Abfindungszahlung vergleichsweise gering ausfällt. Möchte der Arbeitgeber einen Kündigungsschutzprozess vermeiden, weil er sich daraus ergebende Diskussionen und Probleme im Unternehmen fürchtet, auch dann kann eine Abfindungsregelung sinnvoll sein.

6. Wird in Betrieben mit einem Betriebsrat anlässlich einer Betriebsänderung, zum Beispiel eine Betriebsschließung oder eine Betriebsverlagerung, ein Sozialplan erstellt, können auch hier für das betriebsbedingte Ausscheiden von Arbeitnehmern Abfindungen vorgesehen sein. Führt der Arbeitgeber jedoch eine geplante Betriebsänderung durch, ohne mit dem Betriebsrat zuvor einen Interessenausgleich versucht zu haben oder weicht er von dem mit dem Betriebsrat erzielten Interessenausgleich ab, ohne dass ein zwingender Grund besteht, dann hat ein Arbeitnehmer nach § 113 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) einen Anspruch auf eine gesetzliche Abfindung.

7. Eine gesetzliche Abfindung kommt auch nach einem (1) Auflösungsantrag des Arbeitnehmers oder nach einem (2) Auflösungsantrag des Arbeitgebers in Betracht.

(1) Hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Arbeitgebers nicht aufgelöst ist und ist es dem Arbeitnehmer nicht mehr zuzumuten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, dann kann das Arbeitsgericht nach einem Auflösungsantrag des Arbeitnehmers den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen. Aber: Es ist für den Arbeitnehmer sinnvoller, im Rahmen einer Kündigungsschutzklage eine höhere Abfindung zu verhandeln.

(2) Stellt das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung aufgelöst wurde und liegen Gründe vor, die eine weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lassen oder eine schwerwiegende Belastung sind, ist eine gesetzliche Abfindung unter in bestimmten Fällen möglich. Allerdings sind die von den Arbeitsgerichten gestellten Anforderungen so hoch, dass diese Variante in der Praxis kaum eine Rolle spielt.

Handelt es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis, hat der Arbeitnehmer kein gesetzliches Recht auf eine Abfindungszahlung. Allerdings steht es dem Arbeitnehmer frei, mit dem Arbeitgeber über eine Abfindungsleistung zu verhandeln. Schwieriger ist die Situation, wenn der Arbeitnehmer von sich aus kündigt. Das Verhandeln einer Abfindung ist nach erfolgter Kündigung sinnlos. Es kann jedoch sinnvoll sein, vor der Eigenkündigung mit dem Arbeitgeber diesbezüglich Verhandlungen zu führen. Dann kommt es darauf an, dass der Arbeitnehmer gute Argumente für die Zahlung einer Abfindung liefert. Das gelingt nur dann, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber davon überzeugen kann, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Interesse des Unternehmens liegt.

Die Höhe von Abfindungszahlungen

Gesetzliche Vorgaben bezüglich der Höhe einer Abfindungszahlung gibt es keine. Stattdessen wird bei gerichtlichen und außergerichtlichen Verhandlungen für ihre Berechnung ein halbes oder volles Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr zugrunde gelegt. Abhängig von der bisher vom Arbeitnehmer erbrachten Leistung und von seinem Verhandlungsgeschick können auch weitaus höhere Summen möglich sein, und natürlich auch geringere Zahlungen. Hart verhandelt wird in bestimmten Branchen, zum Beispiel in der Baubranche, während große Unternehmen und Konzerne bereitwilliger Abfindungen zahlen. Da es sich bei einer Abfindung um kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handelt, werden von ihr keine Sozialabgaben, also keine Beiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die meisten Abfindungen auf dem Verhandlungsweg erreicht werden, wenn nämlich für ihre Zahlung geldwerte Gründe vorliegen. Meistens ist es das Prozessrisiko, das Arbeitgeber durch eine Abfindung vermeiden möchten. Unterliegen sie im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht, müssen sie regelmäßig sehr viel höhere Zahlungen leisten. Da kann sich eine im Vorfeld mit dem Arbeitnehmer verhandelte Abfindungssumme als sehr viel kostengünstiger herausstellen.

Die häufigsten Irrtümer in Bezug auf die Abfindung

Die Abfindung gehört zu den rechtlichen Sachverhalten, um die viele Mythen ranken, hier einige Beispiele:

1. Wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf eine Abfindung geeinigt haben, muss der Arbeitgeber auf jeden Fall zahlen. Oft wird diese Vereinbarung vor dem Arbeitsgericht im Rahmen einer Güteverhandlung getroffen. Fällig wird die Zahlung erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unter der Voraussetzung kündigen, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Dann hat der Arbeitnehmer, trotz der vorangegangenen Güteverhandlung, keinen Anspruch mehr auf die vereinbarte Abfindung. Das gilt übrigens auch dann, wenn der Arbeitgeber vor Ablauf der Kündigungsfrist Insolvenz anmeldet.

2. Weit verbreitet ist die Annahme, dass Abfindungen immer steuerfrei sind. Es ist richtig, dass für Abfindungen, die für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden, keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen. Sie unterliegen allerdings der Lohn- und Einkommensteuer. Wer den Auszahlungszeitpunkt geschickt bestimmt, kann die Steuerlast deutlich reduzieren.

3. Welcher Betrag bei Abfindungen tatsächlich zur Auszahlung kommt, ist nicht nur abhängig vom Bruttogehalt und davon, ob es zur Hälfte oder in voller Höhe einbezogen wird. Die Höhe orientiert sich auch am Dienstalter und möglicherweise auch am Kündigungsgrund. Wer als Arbeitnehmer beispielsweise Missstände zum Anlass nimmt, um die Abfindung zu erhöhen, oder auf andere Weise Druck auf den Arbeitgeber ausübt, kann sehr schnell wegen einer Nötigung oder Erpressung auf das strafrechtliche Glatteis geraten.

4. Die Annahme, dass Abfindungen auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden, ist dem Grunde nach richtig. Aber: Oftmals basiert sie auf dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages, an dessen Zustandekommen der Arbeitnehmer mitwirkt und der die Lösung des Arbeitsverhältnisses zum Inhalt hat. Das führt dazu, dass der Arbeitnehmer in den ersten zwölf Wochen gesperrt ist und kein Arbeitslosengeld erhält.