Eine fristlose Kündigung hat gravierende Folgen für den Arbeitnehmer. Deshalb sind Arbeitgeber an bestimmte Vorgaben gebunden. Grundsätzlich ist eine außerordentliche Kündigung immer eine Einzelfallentscheidung, sodass Personalverantwortliche und Arbeitgeber die Feinheiten kennen müssen. In welchen Fällen fristlose Kündigungen ein geeignetes Mittel sind und worauf Sie achten müssen – informieren Sie sich hier.
Fristlose Kündigung nur ausnahmsweise
Die außerordentliche Kündigung wird meistens, aber nicht zwingend, als fristlose Kündigung ausgesprochen. Ihr charakteristisches Merkmal ist, dass sie ein zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bestehendes Arbeitsverhältnis abrupt und ohne Aussicht auf Weiterbeschäftigung beendet. Sie ist die härteste Maßnahme im Arbeitsrecht gegen einen Arbeitnehmer und hat zur Folge, dass er seinen Arbeitsplatz unverzüglich räumen muss. Da die Konsequenzen für den Arbeitnehmer schwerwiegend sind, muss die außerordentliche Kündigung seitens des Arbeitgebers gut begründet werden. Das heißt, dass nach § 626 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ein wichtiger Grund erforderlich ist. Kann der Arbeitgeber den wichtigen Grund nicht liefern oder verneint das Arbeitsgericht den Kündigungsgrund im Rahmen eines vom Arbeitnehmer angestrengten Verfahrens, ist die fristlose Kündigung unwirksam.
Der „wichtige Grund“ als Voraussetzung für eine fristlose Kündigung
Nach § 626 BGB bedarf es eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung. Im weiteren Sinne bezeichnet ein wichtiger Grund Umstände, die das Einhalten einer Kündigungsfrist unzumutbar machen. Dabei kommt es grundsätzlich auf die Umstände des Einzelfalls an. Das bedeutet, dass die Interessen beider Vertragsparteien im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gegeneinander abgewogen werden müssen. Solange es Maßnahmen gibt, die weniger schwerwiegend sind, müssen diese gewählt werden. Das Recht, fristlose Kündigungen auszusprechen, ist fast ausnahmslos fallbezogenes Recht. Das bedeutet, dass es nicht möglich ist, eine allgemeingültige oder eindeutige Aussage darüber zu treffen, ob ein Fehlverhalten ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB ist.
7 Gründe für eine fristlose Kündigung
Damit eine außerordentliche Kündigung greift, ist der wichtige Grund entscheidend, der häufig Streitpunkt in arbeitsrechtlichen Verfahren ist. Jede außerordentliche Kündigung ist eine Einzelfallentscheidung, bei der der wichtige Grund diese harte Maßnahme gegen den Arbeitnehmer rechtfertigen muss.
Die nachfolgenden 7 Gründe erfüllen die Anforderungen an eine fristlose Kündigung:
Kostenloser Leitfaden zur Kündigung
4 Punkte, die Sie bei der Kündigung beachten müssen.
1. Straftaten, die sich gegen den Arbeitgeber richten:
Wer seinen Arbeitgeber beklaut, muss mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen. Abgestellt wird auf das fehlende Vertrauen, sodass es auf den Wert der gestohlenen Gegenstände nicht ankommt. Ob sie bei einem Diebstahl das geeignete Mittel ist, hängt vom Einzelfall ab. Handelt es sich um einen erstmaligen Verstoß bei einem langjährigen Mitarbeiter, sehen die Arbeitsgerichte eine außerordentliche Kündigung als zu harte Maßnahme an.
Auch Beleidigungen können eine fristlose Kündigung nach sich ziehen, die unter Umständen auch außerhalb des Betriebs und im Internet stattfinden können. Ist die Stimmung am Arbeitsplatz an einem Tiefpunkt angelangt und sieht sich deshalb ein Arbeitnehmer veranlasst, einem Kollegen richtig die Meinung zu sagen und ihn zu beleidigen, kann eine außerordentliche Kündigung ein geeignetes Mittel sein. Es muss sich allerdings um eine wirklich grobe Beleidigung handeln, damit die Störung des Betriebsfriedens als Grund gilt. Eine weitere Variante ist die öffentliche Beleidigung des Arbeitgebers. Nach einem Urteil des LAG (Landesarbeitsgericht) Hamm vom 10. Oktober 2012 – Az: 3 Sa 644/12 – riskierte ein Auszubildender seinen sofortigen Arbeitsplatzverlust, weil er seinen Arbeitgeber auf Facebook als Menschenschinder und Ausbeuter beschimpft hatte.
Auch Körperverletzungen und Sachbeschädigungen können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Straftaten, die außerhalb der Betriebssphäre liegen, bedingen nur dann eine außerordentliche Kündigung, wenn sie sich indirekt auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Begeht zum Beispiel ein Finanzbuchhalter außerhalb des Unternehmens eine Vermögensstraftat wie Betrug, Unterschlagung oder Diebstahl, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, weil der Mitarbeiter in der von ihm ausgeübten Position nicht mehr vertrauenswürdig ist.
2. Sexuelle Belästigung
Grundsätzlich sind sexuelle Belästigungen im Unternehmensbereich verboten, da der Mitarbeiter gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten verstößt. Eine fristlose Kündigung ist in den Fällen gerechtfertigt, in denen es sich um schwere Fälle handelt, so die gängige Rechtsprechung. Das Problem in Fällen sexueller Belästigung ist die Beweislage, da der Täter meistens die Vorfälle abstreitet oder sie bagatellisiert. Trotz der schwierigen Beweislage können nach einem Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 27. September 2006 – Az: 3 Sa 163/06 – fortgesetzte sexuelle Belästigungen den Job kosten.
3. Betriebsspionage und Geheimnisverrat
Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, Betriebsgeheimnisse zu wahren. Dazu gehören alle wirtschaftlichen Daten und Vorgänge in einem Unternehmen, die Außenstehenden nicht zugänglich sind. Das gilt unter anderem für Investitionsvorhaben, Personalangelegenheiten, Preiskalkulationen und für Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Lieferanten. Wird ein Mitarbeiter erwischt, muss er nicht nur mit der außerordentlichen Kündigung rechnen, sondern auch mit strafrechtlichen Konsequenzen.
4. Arbeitszeitbetrug und häufiges Zuspätkommen
Bei einem Arbeitszeitverstoß ist jedes Verhalten des Arbeitnehmers gemeint, das den vom Arbeitgeber gemachten Arbeitszeitvorgaben zuwiderläuft. Kommt ein Arbeitnehmer häufiger zu spät, kann dieses Verhalten eine fristlose Kündigung nach sich ziehen. Das ist die gängige Rechtsprechung des BAG (Bundesarbeitsgericht) nach einem Urteil vom 13. März 1987 – Az: 7 AZR 601/85. Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen und etwaige Verspätungen einzukalkulieren, zum Beispiel den morgendlichen Berufsverkehr. Kommt eine Zugbegleiterin mehrfach zu spät und verursacht dadurch erhebliche Störungen im Betriebsablauf, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Anders zu beurteilen ist die Rechtslage, wenn ein Arbeitnehmer trotz mehrfachen Überschreitens der morgendlichen Gleitzeitgrenze sein Arbeitspensum erledigt und keine Betriebsabläufe gefährdet.
Von einem Arbeitszeitbetrug spricht man, wenn der Arbeitnehmer bewusst falsche Arbeitszeiten angibt. Hier ist jedoch genau abzuwägen, ob nicht eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung ausreicht. Nach einem Urteil vom 6. Mai 2010 des LAG Rheinland-Pfalz war eine fristlose Kündigung rechtmäßig, weil ein Arbeitnehmer wiederholt Raucherpausen einlegte, ohne sich aus der Zeiterfassung ein- und auszustempeln. Er missachtete damit eine Betriebsanweisung und das, obwohl er bereits zwei Abmahnungen erhalten hatte.
5. Arbeitsverweigerung
Arbeitsverweigerung ist ein Verstoß gegen das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Eine außerordentliche Kündigung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn sich der Arbeitnehmer beharrlich weigert, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen, so ein Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 17. Oktober 2013 – Az: 5 Sa 111/13. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben bewusst und dauerhaft nicht leisten will. Daraus muss hervorgehen, dass der Arbeitnehmer nicht nur einmalig, sondern auch in Zukunft seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen will. So kann auch die übermäßige private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit eine Form der Arbeitsverweigerung sein.
6. Täuschung über Krankheit
Wird eine Krankheit nur vorgetäuscht oder bestehen begründete Zweifel an einer Krankschreibung, riskiert der Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung. Denn die Täuschung über eine nicht vorhandene Arbeitsunfähigkeit kann ein Betrug oder ein Betrugsversuch sein, der sich zu Lasten des Arbeitgebers auswirkt. Allerdings ist die Beweislage schwierig, da ein ärztliches Attest vor Gericht einen hohen Beweiswert hat.
7. Selbstbeurlaubung
Das Problem in Bezug auf die Selbstbeurlaubung besteht darin, dass Arbeitnehmer oftmals eine mündliche Zusage erhalten, in einem bestimmten Zeitraum Urlaub nehmen zu können. Tritt der Arbeitnehmer den Urlaub an, obwohl der Arbeitgeber zwischenzeitlich den Urlaub aufgrund eines hohen Arbeitsbedarfs gestrichen hat, riskiert er eine fristlose Kündigung wegen Selbstbeurlaubung. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall in der Beweispflicht. Er muss nachweisen, dass ihm tatsächlich Urlaub gewährt wurde und er im Vertrauen darauf einen Urlaub gebucht hat.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es bei einer fristlosen Kündigung immer auf den Einzelfall ankommt. Einmalige Vorkommnisse reichen nur bei schwerwiegenden Verstößen aus. Auf Verlangen des Arbeitnehmers und im Rahmen einer Kündigungsschutzklage muss der Arbeitgeber die Gründe für die fristlose Kündigung offen legen. Ein sorgfältiger Arbeitgeber wird jedoch den Arbeitnehmer vorab anhören. Ansonsten riskiert er, dass ihm mögliche Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe entgehen, die die Kündigung unwirksam machen können.
Hinterlassen Sie einen Kommentar